Kmpfsprt – Jugend Mutiert (VÖ: 31.01.2014)
Rau, Hymnisch und wie Muff Potter
Bad Oeynhausen (ml) Am Freitag veröffentlichen Kmpfsprt ihr Debütalbum "Jugend Mutiert". Schon im letzten Jahr konnte sich die Band mit dem vokallosen Namen einen Namen auf zahlreichen Festivals machen. Auch ihre EP wurde von den Kritikern sehr positiv aufgenommen. Ein unbeschriebenes Blatt ist die Band nicht. Viele Mitglieder spielten zuvor bei Fire in the Attic.Ja, den Vergleich mit Muff Potter können Kmpfsprt wohl nicht mehr hören. Dennoch reihen wir uns ein in die Liste der vielen Rezensenten, die diesen Vergleich bringen müssen.
"Jugend Mutiert" lässt sich wohl am besten mit dem Vergleich zwischen Kmpfsprt und den frühen Werke von Muff Potter beschreiben. Das ist in keinster Weise böse gemeint, sondern absolut positiv. Immerhin gab es nach der Auflösung von Muff Potter eine Lücke, die geschlossen werden musste, zwischen ernstzunehmendem Punk und den Hymnen, die bei den Toten Hosen schon längst kein Punkrock mehr sind.
Schon der erste Song "Nachtsicht" vom Debütalbum zeigt an, wohin die Reise geht. Laute, verzerrte E-Gitarren, ein rauer Gesang mit tollen melodischen Backgroundchören macht Lust auf mehr.
"All My Friends Are Dads" bringt dann auch die politischen Statements ("Es geht alles noch schlimmer. Ich könnte Banker sein."). Die Musik klingt so vertraut, dass sie wirklich aus der Feder von Thorsten Nagelschmidt sein könnte. Sie ist es nicht und das ist gut so. Kmpfsprt könnten damit meine neuen Lieblinge werden.
Song an Song schließt sich nahtlos aneinander an. Es dauert nicht lange, bis man mitsingen kann. Und trotzdem bringen sie mit Songs, wie "Am Ende Hell" oder "Halt. Nein. Anders", welches wirklich so haargenau nach den alten Gehversuchen von Muff Potter klingt, so viel Abwechslung in den gesamten Tag, dass es richtig viel Spaß macht, dieses Album in Wiederholschleife zu hören. Auch textlich machen Kmpfsprt endlich wieder Punk, der nicht durchgehend politisch und trotzdem kein Fun-Punk ist ("Ich will mein Leben anders, weil ich deines nicht ertrag.").
"Musikdienstverweigerer" ist sogar schon fast ein Bruch. Zusammen mit Felix von Frau Potz kommt hier eine Aggressivität hoch, wie man sie von den Turbostaatlern gewohnt ist. Vom Text her könnte der Song auch der Mittelfinger an Musikkritiker, die die immergleichen Muff Potter-Vergleiche ziehen und von denen ich mich in keinster Weise abhebe, sein. "Ich will nicht, dass du tanzt, denn dieses Lied ist nicht für dich.". Der Mittelfinger geht dann aber glücklicherweise doch an Rechtsaußen: "Nur weil wir die gleiche Sprache sprechen sind wir nicht im gleichen Club.".
Der Song ist noch in anderer Weise ein Bruch. So ganz verliert sich der Muff-Potter-Vergleich nicht. In der zweiten Hälfte des Albums sind die Anleihen hier aber deutlich abgeschwächt. Kmpfsprt finden zu ihrem eigenen Stil.
Dennoch sind die Songs durchzogen von gut gesetzten Breaks, tollen abwechslungsreichen, wuchtigen Chören und zurückhaltenden Strophen. "Theorie der guten Chance" sollte auf alle Fälle zuerst angespielt werden. So ist es wohl das Aushängeschild, welches es schafft das komplette Album in einem Lied zu beschreiben.
Ein richtiges Highlight kann ich nicht wirklich aus machen. "Keiner Von Millionen" ist vielleicht ein Schwachpunkt, wenn dann aber auf hohem Niveau. "Unter Kannibalen" bringt das Album dann anschließend musikalisch sowie textlich auf Top-Niveau ("Ich kann nicht weiter zuschauen, wie die Welt zu Grund geht.").
"Herzattack-ack-ack" bereitet schon auf das tosende Finale dieses Albums vor. "Unter viel zu grellem Licht dafür, unter viel zu großem Druck, wächst und schlägt nicht, sondern zuckt" – Dieser Refrain hämmert sich direkt ins Gehirn ein und bleibt auch dort.
Kmpfsprt öffnen eine Liga für sich und wünschen zum Ende dann auch eine "Gute Reise". Ob sie sich das selbst wünschen, weiß man nicht. Der Song erinnert wieder stark an Muff Potter. Eine "Gute Reise" wünschen aber auch wir Kmpfsprt. Nach den ersten viel zu kurzen 37 Minuten freuen wir uns auf mehr Material und erste Konzerte der Band in unserer Nähe. Es wird wohl schwer für Kmpfsprt dieses Niveau hochzuhalten. Finest Punkrock ist hier die Devise und mit "finest" einzusteigen vielleicht nicht immer gut. Andererseits haben Kampfsportler eine ziemlich große Ausdauer. Die Band hat Potential zu mehr.