Heut ist ein guter Tag (VÖ: 03.02.2023)
Track by Track-Review zum neuen Donots-Album
Ibbenbüren (ml) Am kommenden Freitag werden die Donots ihr neues Album „Heut ist ein guter Tag“ veröffentlichen. Ingo hat sich schon auf den Konzerten überzeugt davon gegeben, dass es das beste Donots-Album sein wird. Als Vorschusslorbeeren gibt es hochverlegte Konzerte und Fans, die sich das Cover tätowieren lassen. Hält die kommende Platte, was sie verspricht? Wir haben reingehört.„Heut ist ein guter Tag“ – Albumtitel und Albumopener. Doch schon beim Blick auf die Trackzeiten wird man stutzig. 11 Sekunden für das Titellied? Was einen hier begrüßt ist
Interview mit Guido zum Album Das Album ordern |
dieselbe Mädchenstimme, die man schon vor den Konzerten in Münster und Osnabrück gehört hat. Nur, jetzt verstehe ich auch, was da gesungen wird: „Das ist der Weltuntergang, das ist der Weltuntergang…“. Es ist Guidos Tochter, die das Album mit viel Pessimismus einleitet und ich frage mich ein wenig, was die Donots ihren Kindern beibringen.
Der Opener geht sofort über in „Auf sie mit Gebrüll“. Nicht nur ein Schlachtruf, sondern auch ein Wegweiser für das restliche Album. Insgesamt klingt es punkiger, hat viele Chöre, teilweise sogar im Lead- und nicht nur im Backgroundgesang. „Auf sie mit Gebrüll“ kommt herrlich aggressiv daher, was zu dieser lieben Band eigentlich wenig passt. Dennoch, die Zerstörungswut zieht sich, ebenso wie die Zeile „Heut ist ein guter Tag“ durch das Album.
Bevor es mit der Zerstörung der Welt allerdings weiter geht darf Guido mit „Augen sehen“ eine lockere Uptempo-Nummer zum Besten geben. Ein Song an verflossene Lieben, denen man immer noch hinterher trauert, aber in Tonarten, in denen es eher nicht traurig, sondern wie ein Punk-Pop-Song der 80er Jahre wirkt.
In „9 Leben“ zeigen sich die Donots ausgesprochen experimentierfreudig. Die Gitarren zurückhaltend. Das musikalische Thema des Songs wird geprägt durch eine Synthesizer-Melodie, die teilweise gewollt dissonant ist und dadurch auch recht mystisch klingt. Gut passt dazu die Stimme von Jörkk Mechenbier, den man aus Bands, wie Love A sowie Schreng Schreng & La La kennt.
Wieder mehr in gewohnte Ecken zeigt „Längst noch nicht vorbei“. Es ist die punkigste Nummer auf dem Album. Wieder gesungen von Guido. Dieses Mal aber im Stil altehrwürdiger amerikanischer Punkrock-Helden. Der Bass zeigt eine super Melodielinie und die Gitarren klingen freundlich offen. Dazu dann Guidos Reibeisenstimme, die teils schon gegröhlt wird („Das sind die letzten Minuten im Finale. WIR BEIDE GEGEN DIE ROUTINE!“). Es stimmt einfach alles in dem Song. Und auch im Interview verrät uns Guido zu diesem Lied, dass seine Blaupause das Album „… And Out Come the Wolves“ von Rancid war: „Die haben auch immer in Dur positive Hymnen, die aber sehr einfach gestrickt sind.“
Ein wenig egoistisch kommen die Donots in „1.21 Gigawatt“ daher („Ich trink nicht deine Tasse, ich trinke alle Tassen aus.“). Wer jedoch auf Zeitreisen geht, kann das vielleicht sogar unbeschadet tun. Paradoxien lassen grüßen! Ach ja: Was zum Teufel ist ein Gigawatt?
Irgendwie haben es die Donots übrigens mit Hunden. Ein Album „Wake The Dogs“ nennen, nun eine Single „Hunde los“, die musikalisch übrigens ähnlich klingt, wie der Song „Wake The Dogs“, der auf keiner Donots-Show fehlen darf. Dieses mal muss die Band vor den netten bis bissigen Tieren jedoch flüchten („Also komm, komm, komm, lauf!“).
Schon am Anfang wird man einmal mit der neuen Zerstörungswut der Donots konfrontiert. In „Kometen“ wünscht sich die Band dann nichts anderes als den Untergang der Menschheit, oder um es weniger drastisch zu formulieren: Wenn der Untergang der Menschheit kommt, wäre es auch nicht Schade drum. Auch hier hat Guido für uns eine Erklärung parat: „Die letzten hundert Jahre, was hat die Menschheit da alles in den Arsch gesetzt? Einfach mit der Axt durch den Wald. Hier, alles unser. Das ist eher in die Richtung gemeint: Es reicht langsam!“. Dem kann man uneingeschränkt zustimmen.
Ingos innerer Nerd kommt nicht nur bei „1.21 Gigawatt“ sondern auch bei „Traurige Roboter“ zum Vorschein. Es geht ins Weltall, im Bademantel, per Anhalter mit Fisch im Ohr. Und wer dabei nicht sofort an Douglas Adams denkt, dem sei der Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ wärmstens als Lektüre empfohlen.
In „Apokalypse Stehplatz Innenraum“ singt die komplette Band im Chor. Doch auch hier wieder die neu gefundene Zerstörungswut. Es ist schon ziemlich paradox die Zeilen „Die Apokalypse findet gerade statt.“ und „Heut ist ein guter Tag.“ im selben Song unterzubringen. Aber seien wir mal ehrlich. Entweder wird hier wirklich eine Apokalypse besungen oder vielleicht doch nur ein Donots-Moshpit, der vermutlich nicht weniger anstrengend ist als die Apokalypse.
Nach der textlichen Zerstörung folgt die musikalische Zerstörung. In „Es tut nur weh, wenn ich lache“ darf die Band hemmungslos auf den Gitarren schrammeln und das Schlagzeug verprügeln. Unterstützt wird Ingo beim Schreien des Textes von Ex-Bubonix-Gitarristin Sarah de Castro.
„Radikale Passivisten“ ist dann nochmal ein Song mit kompletter Band im Chor. Das Lied setzt sich ironisch mit der Gleichgültigkeit der Mitmenschen in Bezug zur Politik auseinander. In Zeiten in denen immer weniger wählen gehen und noch weniger auf eine Demonstration unter Erfindung zahlreicher Ausreden ist das Lied ein Wachrüttler.
Zum Ende hin wird es nochmal pathetisch. „Solange wir uns haben“ ist die Hymne auf die Bandkollegen, auf die Fans, auf andere Gleichgesinnte im Punkrockuniversum und „Hey Ralph“, eine der ersten Singleauskopplungen des Albums, eine Mutmachhymne für alle, die ein beschissenes Jahr hinter sich hatten. Auch hier schleicht sich der Albumtitel in Formen eines „Das war ein gutes Jahr“ ein.
Den Abschluss bilden Meeresklänge mit 60s-Gitarren. „Endlich irgendwo“ lässt einen fortschweifen, auch wenn es noch dauert bis man das Ziel der Reise findet. Und möchte man das Ziel überhaupt finden? Vielleicht, wenn es um ganz bestimmte Ziele geht („Endlich irgendwo, endlich angekommen bei dir.“).
Und ja, auch hier wieder zum Abschluss der Chor: „Heut ist ein guter Tag.“. Das ist so, heute ist ein guter Tag und hier kommt ein gutes, ein rundes Album von einer guten, einer sympathischen Band, die noch lange nicht am Ziel der Reise ist.