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Die wichtigste Musikmesse westlich von Lohne

So war das Popsalon 10

Osnabrück (ml)    Endlich. Nach zwei Jahren ist wieder Festivalzeit. Nach zwei Jahren darf wieder in auf Konzerten in Clubs getanzt werden. Ohne Abstand ohne Sitzplätze. Maskentragen ist freiwillig, wird aber von den Veranstaltern genauso wie vorherige Schnelltests empfohlen.

Kat Frankie spielte beim Popsalon 2022. Foto: Marcel Linke

Los geht es für uns am Donnerstag. Aufregung macht sich breit, man trifft bekannte Gesichter wieder, die man teilweise seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hat.
Fotos zum Festival
Homepage vom Popsalon
Konzertfreunde kommen zusammen. Thees Uhlmann (Fotos) macht den Beginn des zehnten Popsalon Festivals um Punkt 20 Uhr im Rosenhof Osnabrück. Vor der Bühne: Kein Graben. Die Fans können direkt an die Kante ran. Für ein Konzert mit Thees Uhlmann gibt es auch noch erstaunlich viel Platz im Rosenhof. 1,5 Meter Abstand würde aber dennoch nicht klappen, Sitzplätze gibt es nicht. Masken werden zwar empfohlen, die Mehrheit hat sich aber gegen die Maske entschieden.

Mit "Junkies und Scientologen" beginnt Thees Uhlmann und stellt relativ früh fest, dass sein Management ihm gesagt hat, das Popsalon ist "die wichtigste Musikmesse westlich von Lohne-Dinklage". Kurzer Blick in die Karte: Stimmt auf den Meter genau. Nach einigen Ausfällen im kommenden Plan und der Buchung von vielen interessanten Newcomern kann man Thees auch bei der Aussage, das Popsalon ist eine Musikmesse zustimmen. Unsere größten Überraschungen hatten wir bisher immer dort und die Macher hatten bisher auch immer ein glückliches Händchen beim Buchen der Musiker, wenn man bedenkt, dass hier in der Vergangenheit schon Cro oder Kraftklub in kleinen Clubs vor nichtmal 200 Leuten gespielt haben.

Thees Uhlmann spielt ein ausgewogenes Set aus seinen Alben. Mit "Die Schönheit der Chance" und "Ich sang die ganze Zeit von dir" dürfen auch ein paar Tomte-Klassiker in der Playlist des sichtlich gut gelaunten Musikers nicht fehlen, der es als gebürtiger Niedersachse geil findet, dass "Osnabrück noch Niedersachsen" ist.


Locationwechsel am Donnerstag

Zeit für einen Locationwechsel. Gerade das ist es, was Clubfestivals ausmacht. Hier raus, da rein und immer wieder schauen, was einen erwartet. Der Donnerstag selber war eklig nass, aber nun zeigt sich, dass Petrus Rockfan ist und uns wohlgesonnen, sowohl auf der Anfahrt war es trocken, als auch beim Locationwechsel und hinterher auf der Nachhausefahrt auch. Das Festival besuchen wir dieses Jahr mit unseren Fahrrädern. Das dürfte beim Popsalon neben dem festivaleigenen Shuttlebus die schnellste Bewegungsart sein, aber dafür wesentlich flexibler. Die meisten Konzertlocations beim Popsalon sind rund um den Osnabrücker Wall verteilt, die große Ringstraße, die die Innenstadt von den Ortsteilen trennt. Für uns geht es weiter im Haus der Jugend. Thematisch zum Festivalopener passend spielt hier Matze Rossi (Fotos).

Sein Set fängt er mit "Kein Zweifeln und Bedauern" an und ist ebenso wie Thees sehr gut gelaunt. Es ist für alle nach zwei langen Jahre das erste Mal wieder Konzerte indoor ohne Bestuhlung zu erleben. Alle sind in Spiellaune und auch das Publikum strahlt vor Freude. Da passt die von Matze Rossi zusammen gestrickte Setlist fast so gar nicht. Denn da sind viele Songs zum Thema Tod und Sterben eingeplant, wie beispielsweise "Wenn ich mal", in welchem er möchte, dass seine Freunde ihn nach dem Tod feiern. Insgesamt werden die Ankündigungen ("Das nächste Lied handelt wieder von Tod und Sterben.") zum Running Gag.
Aber insgesamt geht auch das Konzert von Matze Rossi nach 90 Minuten gefühlt viel zu schnell vorbei. Wir bleiben "Best Friends". Der Festivalauftakt ist gemacht. Und wie! So kann es weiter gehen. Ich habe Bock drauf!


Das Popsalon gibt Newcomern eine Chance

Schon in der Vergangenheit gabe es auf bisherigen Popsalon-Auflagen Absagen. Dieses Jahr ist es coronabedingt allerdings extrem und so kommen noch mehr Newcomer in den Genuss auf der größten Musikmesse westlich von Lohne/Dinklage zu spielen. So zum Beispiel in der Campfire Lounge mit der wir heute starten. Diese ist im Akzisehaus vor dem Felix-Nussbaum-Museum Osnabrück und die drei der vier geplanten Überraschungsgäste haben aufgrund von Krankheit absagen müssen. Eröffnet hat den zweiten Festivaltag dann G'emma (Fotos), die in Osnabrück Jazzgesang studiert und zusammen mit ihrem Gitarristen eine Mischung aus Hip Hop, Soul, Jazz und Funk bietet.

Auch das noch sehr junge Musikprojekt Blush Always (Fotos) ist eingesprungen und ersetzt Walking on Rivers im Haus der Jugend. Aufgrund der spontanen Anfrage konnte Katja Seiffert aus Kiel nur ohne ihre Band anreisen. Mit einem Drum Computer und ihrer E-Gitarre behilft sie sich auf der Bühne und legt dennoch einen vollen Indie-Rock-Klang hin. Viele Songs, die Blush Always spielt sind tatsächlich noch nicht veröffentlicht, so auch "At Home", zu dem Katja die Story erzählt, dass sie dort am liebsten ist. Ende April geht es dann aber für die komplette Band auf Tour.

Ebenfalls im Haus der Jugend spielt nach Blush Always Kat Frankie (Fotos) und es wird voll im Haus der Jugend. Die australische Singer-Songwriterin, die in Berlin lebt und bereits mit anderen Musikern, wie Clueso Songs zusammen aufgenommen hat, ist das Zugpferd am Freitag Abend auf dem Popsalon Festival. Ihr Konzert beginnt Kat Frankie mit "Spoiled Children" von ihrem im Mai erscheinenden Album "Shiny Things". Kat Frankie wird mit ihrer Band einige bisher noch unveröffentlichte Songs spielen. Ihre Ansagen macht sie den gesamten Abend auf Englisch. Dennoch darf ihr auf deutsch gesungener Song "Du/Ich", den sie 2018 auf Grönland Records veröffentlicht hat nicht fehlen.

Und dann wird es laut. Ein Locationwechsel in die Lagerhalle steht an. Hier spielen die Punkrocker von den Blackout Problems (Fotos). Die Band geht zu dem sich langsam aufbauenden Song "Murderer" auf die Bühne. Aber spätestens zu "How Are You Doing" kennt das Publikum kein Halten mehr. Nach zwei Jahren sieht man Leute wieder in einem geschlossenen Raum Pogo tanzen. Und auch Frontmann Mario Radetzky möchte sich das offenbar nicht entgehen lassen und nimmt immer wieder ein Bad in der Menge. Es ist laut, es ist anstrengend, Schweiß tropft an den Leuten runter. Ja, das fühlt sich wieder nach einem Konzert an, wie man es mal kannte.


Ein letztes Mal Kleine Freiheit

Tag 3 des Festivals bricht an. Heute geht es für uns in der kleinen Freiheit am ehemaligen Güterbahnhof in Osnabrück los. Viele Erinnerungen verbinden uns mit dem Ort. Es wird das letzte Mal sein, dass wir die Kleine Freiheit besuchen. Diese wird im Zuge eines Umbaus des Geländes nämlich abgerissen und zieht um. Wir schauen uns hier Elektro Strothmann (Fotos) an, Osnabrücker Lokalmatador und an diesem Abend um Zuschauer buhlend in Konkurrenz zu Provinz, die etwas weit ab der anderen Locations im Hyde Park spielen, diese größte Location des Festivals aber locker voll machen. Und was ist? Elektro Strothmann kriegt die Kleine Freiheit auch voll! In der Kleinen Freiheit gibt es dieses Mal einen Graben. Der ist eng und soll die Besucher nur von der Bühne trennen, wird aber von Elektro Strothmann die gesamte Zeit ausgenutzt, um auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu gehen. Die Texte von Elektro Strothmann bewegen sich irgendwo zwischen Sozialkritik und Klamauk, wie "Es ist nicht leicht, ein Pferd zu sein". Nach rund 45 Minuten ist das Konzert vorbei und wir machen uns auf den Weg ins Haus der Jugend.

Hier spielt die Überraschung des Festivals für uns. Die Lieferanten (Fotos). Überraschung deshalb, weil die noch junge Band, die bislang noch kein Album veröffentlicht hat, sondern nur ein paar Singles und eine EP, eine sehr starke Live-Performance hinlegt zu tanzbaren Songs. Und auch die Lieder sind eingängig, funky, stark produziert und erfrischend. Von dieser Band wird man auch nach dem Popsalon Festival viel hören. Das passende Label haben Die Lieferanten, die jetzt gerade an ihrem ersten Album arbeiten schon im Rücken: Blickpunkt Pop, die Agentur der Sportfreunde Stiller.

Einem weiteren Newcomer gibt das Popsalon Festival dann ein paar Türen weiter in der Lagerhalle eine Chance. Brockhoff (Fotos) dürfen für Far Caspian einspringen. Die Band aus Hamburg mit einer(!) Single im Gepäck haben gerade erst drei Konzerte auf dem Buckel und stehen in Osnabrück vor einer gefüllten Lagerhalle. Die Musik lässt sich als verträumter Indie-Rock einordnen mit einer grandiosen Sängerin. Und Brockhoff machen ihre Sache gut. Kaum zu glauben, dass sich ihre Konzerte bisher an nur einer Hand abzählen lassen.

Eines der Highlights des Samstags dürften aber auch die Intergalactic Lovers (Fotos) sein. Das fügt sich ganz gut hinter Brockhoff ein. Denn auch der Indie-Rock der belgischen Band ist verträumt. Mit "Lost" kommen die Intergalactic Lovers auf die Bühne und bitten ihr Publikum direkt nach vorne zum Tanz. In ihrem kurzen Set, welches sie auf dem Popsalon spielen dürfen halten viele ihrer Singles Einzug. Die Intergalactic Lovers zünden ein Hitfeuerwerk zwischen den Singles und Songs ihres kürzlich im Februar erschienenen Albums "Liquid Love".

Nach den Intergalactic Lovers folgt eine Umbaupause in der Lagerhalle. Diese nutzt man am Besten um mal rüber ins Akzisehaus zu gehen und sich überraschen zu lassen, wer dort aktuell spielt. Das ist Jonas Zorn (Fotos). Der Singer-Songwriter präsentiert hier einem kleinen Publikum seine englischsprachigen Lieder. Studiert hat er übrigens auch in London und das merkt man teilweise auch in seinen Songs, die ein wenig an die ruhigen Frank Turner-Nummern erinnern, besonders, wenn Jonas über seine Zeit in England singt.

Zurück in der Lagerhalle spielt mit Sophia Kennedy (Fotos) für uns der Abschluss- und auch Late Night-Act. Auf der Bühne präsentiert sich ein Indie-Electro-Duo mit Liedern, die stark vom Minimal beeinflusst sind. Tanzbar und eingängig ist das auf alle Fälle. Gute Musik ist es auch. Die fortgeschrittene Uhrzeit macht es aber manchmal nicht mehr so einfach, dem noch aufmerksam zu folgen, da die Songs, die auf Platte teils um die 3 Minuten dauern, hier auch schonmal auf 10 Minuten ausgedehnt werden. Zu einer früheren Uhrzeit wäre das vielleicht nochmal einfacher zu verdauen gewesen.

Nach einer zweijährigen Coronapause konnte das Popsalon Festival wieder überzeugen. Die Mischung aus altbekannten Acts und neuen, jungen Musikern, auf die man sich ganz neu einlassen kann, die macht es, sodass der Titel, den Thees Uhlmann dem Festival gegeben hat ("Die wichtigste Musikmesse westlich von Lohne-Dinklage.") vollkommen gerechtfertigt ist.
Man merkte auch, dass die Leute nach zwei Jahren Corona und den damit verbundenen Einschränkungen wieder heiß sind auf Indoor-Veranstaltungen ohne Abstände. Gerade am ersten Tag als dieses Gefühl für viele wieder neu entdeckt werden musste, blickte man in sehr sehr viele sehr glückliche Gesichter sowohl im Publikum als auch auf der Bühne! Das zehnte Popsalon Festival war eine rundum gelungene Veranstaltung. Bis nächstes Jahr.

Und dafür gibt es bereits Tickets zu kaufen. Derzeit aber nur im Kartenwerk Osnabrück.

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