Feelings aus der Asche-Tour in Münster
In 130 Minuten um den Schulz
Münster (as) Dieser Schulz! Wieder einmal hat er es geschafft ein so abwechslungsreiches Programm auf die Bühne zu bringen, dass selbst nach 130 Minuten der Abschied schwer fällt. Grund der Tour ist zwar das aktuelle Album "Feelings aus der Asche", aber auch wer Olli für seine älteren Songs, seine Anekdoten und seinen Todeslisten-Witz schätzt, wurde nicht enttäuscht.Olli Schulz zieht sich aus dem Rampenlicht des Fernsehens zurück in das Rampenlicht der Konzertbühnen. Foto: Tim Danielsmeyer
Ein Blick auf die Eintrittskarte verrät: Einlass 19:00 Uhr. Auf der Autobahn gab es überraschenderweise keinen Stau
Fotos vom Konzert Homepage von Olli Schulz |
Zweiter Blick auf die Eintrittskarte: Beginn 20:30 Uhr. Dann mal schnell vor die Bühne, damit noch ein einigermaßen guter Platz drin ist. Ok, geschafft und nun nur noch eine halbe Stunde Wartezeit, bis es endlich losgeht. Leider wieder ein Fehlschluss. Denn erneut dauert es eine volle Stunde, bis etwas passiert. Eine volle Stunde mit fürchterlicher Warm-Up-Mukke (Biscaya von James Last gehörte zu den besseren Liedern): Auch geduldige Nerven haben ihren Grenzwert. Als Olli um 21:06 die Bühne betritt, haben die Zuschauer bereits 2 Stunden in den Beinen. Füße, Rücken und Wut reichen ein Beschwerdeblatt ein. Doch dann geschieht ein Wunder.
Das Wunder von Münster
Schulz beginnt mit einem kurzen Stand-Up und begrüßt die "eher mittelgeile" Location. Das "kleine elitäre Drecksloch" Münster ist aber nicht beleidigt, sie wissen ja Bescheid. Der erste Song heißt "So muss es beginnen", ist der Opener vom Album "Feelings aus der Asche" und nimmt seinen Titel wörtlich. Nach dem Betätigen des "Danger Buttons" feuert eine Konfettikanone auf das überraschte Publikum und Olli feuert direkt noch 2 kleinere hinterher. Keine halben Sachen, yolo. Begleitet von einer tollen Liveband geht Olli Schulz also direkt in die Vollen und spätestens beim zweiten Song "Phase" hat das Publikum die schwere Leidenszeit verdrängt und freut sich über ein tolles Konzert mit gutem Sound und solidem Lichteinsatz. Die nächsten 130 Minuten sind alle körperlichen Befindlichkeiten vergessen: ein westfälisches Wunder gewirkt durch Oliver Marc-Jesus Schulz.
Der Hauptgrund für die völlige Ausblendung von Ablenkungen, ist die beeindruckende Vielfältigkeit des Künstlers. Nicht nur als Liedermacher, Alleinunterhalter, Sänger und Witzeerzähler, nein auch als Erzieher ist Olli ein Könner. Wenn einzelne Störenfriede im Publikum unangenehm auffallen, dann wird das nicht ignoriert: "Halt einfach die Fresse, Simon", "Mach mal dein Scheiß-Handylicht aus, man kann dann auch dein Gesicht sehen" oder "Hör mal auf zu schreien, niemand findet das geil, alle um dich rum hassen dich dafür" (kein wörtliches Zitat, aber so ungefähr war es) zeugen von pädagogischem Talent. Der Meister erklärt sich selbst: "Manchmal muss man das Publikum brechen, um es wieder aufzubauen". Endlich sagt es mal einer, 5 Sterne dafür.
Ein zweiter Grund für den Erfolg der Show ist die Band. Arne Augustin an den Tasten war schon auf der letzten Tour dabei, ebenso Gisbert zu Knyphausen am Bass und Benson an den Drums. An den Gitarren diesmal neu dabei: Dennis Becker (Tomte) und die bezaubernde Kat Frankie. Neben der instrumentalen Begleitung überzeugt dieses Ensemble vor allem durch großartige Background-Vocals. Kat und Gisbert machen hier einen sehr guten Job. So wurden Songs wie "Wenn es gut ist" oder "Old Dirty Man" und besonders "So lange einsam" noch einmal veredelt.
Um so etwas wie ein Fazit zu ziehen, kann die Feelings aus der Asche-Tour als musikalischer Querschnitt angesehen werden. Ein paar neue Songs, ein paar mehr alte Songs. Einige mit Bandbegleitung, einige Solo. Viele lustig, genauso viele traurig-schön. Garniert mit Geschichten und Witzen, Interaktion mit dem Publikum und den Mitmusikern. Sogar der Tourmanager Wilco durfte einen Featurepart beisteuern. Stagehand Sandra wurde ebenfalls integriert. Familie Schulz hatte selber viel Spaß. Genau so und nur so kann dann auch das Publikum gar nichts dagegen tun, als ebenfalls sehr viel Spaß zu haben. Und den hatten sie alle.