Nagel in Münster
Nagels neue Band - Das könnte was werden
Münster (ml) Neue Musik, neue Band, neue Texte, neuer Anzug. Geblieben sind die selben Clubs, geblieben ist die Güte der Texte, geblieben ist Shredder und geblieben sind auch Nagels stimmliche Qualitäten. So lässt sich in wenigen Worten eines der ersten Konzerte der Band des ehemaligen Muff Potter-Sängers zusammenfassen.Nagels Band - Das könnte was werden, ich könnte sie lieben lernen. Foto: Marcel Linke
Diese Band heißt schlicht Nagel und spielt am vergangenen Donnerstag in der Heimatstadt des namensgebenden Sängers. Eigentlich scheut er den Vergleich mit Muff Potter. Muff Potter sind schlicht und einfach Vergangenheit. Und
Fotos zum Konzert Homepage von Nagel |
Alle Bandmitglieder haben zuvor schon in anderen großartigen Bands gespielt: Muff Potter, Trip Fontaine und Missouri. Drei Bands, die eines gemeinsam haben: Es gibt sie nicht mehr. Insofern ist die neue Nagel Band nicht nur ein Neuanfang, sondern auch ein großes Wiedersehen mit alten Bekannten.
Nur darf man nicht deren Musik erwarten.
Mit Nagel als textgebenden und musikarrangierenden Künstler und Frontmann der neuen Band könnte man natürlich auf die Idee kommen, dass diese eine bloße Neuauflage von Muff Potter wird. Dem ist nicht so. Die Musik ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt keine harten verzerrten Gitarrenriffs mehr. Die neue Musik ist kein Punk. Sie ist gemäßigter als das.
Elektronische Klänge haben ebenso wie ein basslastig betonter Sound Einzug gehalten. Komplizierte Arrangements lösen schlichte einfache Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Strukturen ab. Nagels neue Band klingt so, wie die eines musikalischen Masterminds. Es kommen einem schnell Namen wie Matthew Bellamy, der an diesem Tag in Köln auf der Bühne steht, oder Freddie Mercury in den Sinn. Nagel selbst vergleicht sich, auch wenn er es wohl ironisch meint, mit Falco. Ganz abwegig erscheint das angesichts des musikalischen Könnens des verstorbenen Österreichers nicht.
Großartige Musiker spielen jedoch nicht nur in Nagels Band, sie haben nicht nur Platz in Nagels Ansagen. Auch Zitate von großartigen Musikern in Nagels Texten fehlen nicht. Schon Nagels Texte bei Muff Potter waren gespickt mit großen Zitaten der Rockgeschichte. Entziehen kann man sich dem auch nicht beim Konzert der Nagel Band. "You Make My Motor Run" ist der Titel eines der Songs, die Nagel spielt. Ein Verweis auf "My Sharona" von The Knack. Singen die Scorpions "Heaven Must Be A Place On Earth" treibt es Nagel in die Hölle: "Heaven Must Be A Place In Hell". Nicht fehlen darf ein Cover von New Orders "Bizarre Love Triangle" - einer der zentralen Songs aus Nagels Roman "Was kostet die Welt?".
Und das ist dann auch die treffendste Beschreibung für Nagels Songs. Zur Veröffentlichung des Buches hat er einige Songs, Textstellen aus dem Buch, als EP ausgekoppelt. "Einen Abend Wahnsinn" zum Beispiel.
Neben "Bizarre Love Triangle" spielt Nagel in Münster noch "Tel Aviv" ebenfalls von der "Was kostet die Welt?"-EP. Beide Songs gliedern sich perfekt ins Set ein. "Einen Abend Wahnsinn" ist so abwechslungsreich, experimentell und verstörend, wie viele Songs, die im Gleis 22 auf der Setlist stehen.
Und trotzdem gehen sie alle ins Ohr und erzeugen da die ersten Ohrwürmer. Nagel weiß, wie man qualitativ hochwertige und gleichzeitig eingängige Musik machen kann. In seiner eigenen Band hat er dazu mehr denn je die Chance sich selbst auch zu verwirklichen.
Die neue Band wird definitiv kein zweites Muff Potter. Sie wird immer noch die alten Fans ziehen, aber es wird zukünftig andere Musik auf die Ohren geben. Anhören und ansehen sollte man sich das auf alle Fälle. Gerade als Muff Potter Fan. Es bleibt abzuwarten, wie das kommende Album wird. Die ersten Konzerte geben darauf schon einen guten Ausblick. Die Musik ist nicht mehr so laut, dafür aber ausgereifter. Die Wut will immer noch raus, die Energie ist noch vorhanden. Das ist die Nagel Band.
Das könnte was werden, ich könnte sie lieben lernen.