Im Interview mit Guido von den Donots
Was der Weltuntergang mit einem guten Tag zu tun hat
Ibbenbüren (ml) Vor der Albumveröffentlichung von „Heut ist ein guter Tag“ haben wir mit Gitarrist Guido Knollmann von den Donots gesprochen. Natürlich über das Album, aber auch über den Weltuntergang, über das Songwriting und die Studioarbeit der Band und über den Knusper-Felix.„Das ist der Weltuntergang“ – ist das nicht etwas zu pessimistisch?
Weil es von einer netten Kinderstimme gesungen wird, ist das umso stranger und ich mag strange Sachen sehr. Das ist folgendermaßen passiert. Das ist meine Tochter und ich
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wollte mit ihr in die Stadt fahren. Die saß schon draußen auf dem Fahrrad an die Wand gelehnt, hat auf mich gewartet und hat dann so angefangen zu singen. Ich war noch drinnen, habe noch etwas gesucht und auf einmal hör ich das so und frag mich: Was singt die denn da? Ich habe das Handy fertig gemacht, ihr gesagt: „Emmy sing das nochmal“. Und das dann gefilmt. Das hat sie sich einfach so ausgedacht. Das klang so nett, mit so einer netten schönen Kinderstimme und dann der Text. Ich dachte krass, irgendwas läuft hier schief aber so richtig. Wir haben das dann den anderen gezeigt und die waren totaler Fan davon. Und dann meinten wir, das ist ein tip-top Anfang für ein Album.
Das Thema Weltuntergang zieht sich dann ja noch ein bisschen so weiter. In „Kometen“ wollt ihr ja eher das Ende der Menschheit haben, aber auch in „Apokalypse Stehplatz Innenraum“ feiert ihr die Apokalypse ab. Das könnte hier natürlich auch eine Beschreibung eines Moshpits sein. Woher kommt die Zerstörungwut?
Gerade bei „Kometen“ ist diese Sache: Wie benehmen wir Menschen uns überhaupt auf dem Planeten? Überleg mal: Die letzten hundert Jahre, was hat die Menschheit da alles in den Arsch gesetzt? Einfach mit der Axt durch den Wald. Hier, alles unser. Das ist eher in die Richtung gemeint: Es reicht langsam! Und wenn wir vom Planeten gewischt werden von der Natur oder so. Dann brauchen wir uns auch nicht wundern. Und in dem Sinne, dass man mal wieder klarkommt und nicht denkt, uns gehört alles hier und wir sind der Chef im Ring.
Ich glaube auch, wir nehmen uns teilweise zu wichtig. Aber das kommt ja auch in dem Song raus.
Guck es dir mal an. Die ganze Welt ist ausgerichtet auf Menschen. Ende. Es ist natürlich schwierig, klar, wir leben in dem System, da auf viele Sachen zu verzichten. Zum Beispiel Auto: Ich habe nie den Führerschein gemacht. Ich mache alles mit dem Fahrrad. Das macht viel mehr Bock und klar fahre ich auch manchmal mit irgendwem mit oder wir müssen mit der Band irgendwohin fahren. Aber ich finde, wenn jeder so ein bisschen drauf achtet und nicht alles so „Nach mir die Sintflut“-mäßig behandelt wäre das schonmal ein Anfang.
„Auf sie mit Gebrüll“ könnte auch der Schlachtruf einer Sportmannschaft vor dem Spielbeginn sein. Viele Bands haben Rituale vor ihren Konzerten. Was ist euer Ritual?
Wir haben ein klassisches Ritual direkt vor einem Konzert. Wir sind die letzten 20 bis 30 Minuten für uns allein. Labern miteinander, machen uns warm. Eigentlich wird dabei eine Menge Quatsch gelabert. Irgendwann gehen wir zusammen geschlossen zur Bühne. Dann gibt es diesen Schwur, bei dem alle Hände aufeinander liegen. Der Klassiker im Kreis. Da schwören wir dann auf den Knusper-Felix. Das ist unser bandeigener Gott. Der Felix stand früher auf dem Ültje-Werk. Unser Vater hat uns damals immer erzählt, dass der Knusper-Felix dafür da ist, dass die Nüsschen immer knusprig sind. Das hat sich bei uns eingebrannt. Da haben wir den anderen von der Band das immer gesagt. Und dann wurde das unser Band-Gott. Der steht da nicht mehr, aber der ist im Herzen noch da. Wir schwören immer auf den Knusper-Felix. Also auch da kompletter Schwachsinn.
Wann stand die erste Idee für das aktuelle Album? Wie lange habt ihr daran gearbeitet?
Also ich schreibe eigentlich immer durch. Wenn ich zuhause bin probiere ich jeden zweiten Tag was aufzunehmen, wenn Zeit dafür da ist. Eigentlich seit „Lauter als Bomben“ ging es direkt schon wieder dran mit weiterschreiben. Dann ist es nicht speziell, dass ich sag, ich schreibe irgendwie unbedingt was für uns. Sondern immer etwas, was gerade rauskommt und da können dann Sachen bei sein, die dann für uns benutzt werden. Eigentlich ist das ein stetiger Ablauf. Man ist immer irgendwie dabei. Relativ früh nach der „Lauter als Bomben“ haben wir uns mit Vincent Sorg getroffen, um eine kleine Session zu machen, wo drei Songs entstanden sind und einer davon ist zum Beispiel „Hunde los“, der jetzt auch auf dem Album gelandet ist. Den gibt es schon ziemlich lange.
Hattet ihr auch Einschränkungen durch die Corona-Pandemie? Wurde dadurch die Arbeit schwieriger? Man trifft sich ja vermutlich sonst auch öfter.
Ja schon. Wir hatten auch überlegt, wie machen wir das. Jeder schreibt zuhause, klar. Das machen wir sonst auch. Aber wenn wir uns hier im Studio treffen, mit wie vielen Leuten? Treffen wir uns mit allen? Treffen sich nur kleine Grüppchen von uns? Der nimmt mit dem auf. Der arbeitet mit dem rum. Das war schon immer so ein Gehustle. Es gab ja Einschränkungen durch die Pandemie, die natürlich vollkommen Sinn machen und deswegen sollten wir uns auch dran halten. Also haben wir das hier im Studio auch gemacht. Klar das ändert einiges. Es hat aber auch was Gutes. Wir haben uns ja eh nie so einen Stress gemacht mit der Zeit, wann es fertig sein muss. Wenn es fertig ist, ist es fertig und gut ist. Aber dieses Mal war es so, weil alles lahm gelegt war, konnten wir richtig am Album rumwerkeln. So sollte es eigentlich immer sein, aber irgendwie hat es die Uhr von außen nochmal angehalten.
Dadurch ist das Album dann auch sehr rund geworden. Wenn ich da rein höre, habe ich manchmal das Gefühl, dass es wie ein Konzeptalbum ist. Speziell der Albumtitel zieht sich ja als Thema durch. Habt ihr das auch ein bisschen darauf angelegt oder kam das dann zufällig?
Zum Ende hatte Ingo die Idee: „In zwei Texten hatte ich das schon und irgendwie kann man das hier und da mal aufploppen lassen.“. Deswegen kommt das öfters durch. Von vornherein gehen wir eigentlich nicht mit einem Plan ran. Wir machen eigentlich alles aus dem Bauch raus. Wir sind schonmal mit einem Plan ran gegangen an ein Album und das hat dann drei Proben gedauert bis wir wieder alles umgeschmissen haben, weil es keinen Spaß gemacht hat und wir einfach wieder aus dem Bauch geschrieben haben. Dass der Titel vom Album öfters vorkommt, da hatte Ingo die Idee. Aber dass das Album eher positiver als negativer ist vom Klang, das war auch wieder ein Bauchding. Wenn ich Songs schreibe, habe ich über die Jahre verschiedene Grundstimmungen und ich hatte gerade Bock auf was leichtes, positives mit Power, aber viel in Dur. Das war ein bisschen so, wo es mich gerade hingetragen hat. Deswegen ist es auch eher ein positives Album vom Klang.
Sowohl Ingo als auch du singen Songs auf dem Album als Lead-Sänger. Wonach entscheidet ihr für welchen deine Stimme passender ist?
Da gibt es verschiedene Gründe. Zum Beispiel „Augen sehen“ hatte ich komplett so als Demo fertig. Ich bin kein guter Texter. Vielleicht schaffe ich im Jahr einen Text mit dem Leute auch was anfangen können. Meistens ist das ein sinnloser Kram, extra aber auch. Der kam aber so raus. Es gibt so Songs, die passieren einfach. Ich habe angefangen zu schreiben und dann hatte ich auf einmal die Gesangsmelodie. Dann hatte ich die erste Zeile und das Thema. Und auf einmal war der Song fertig. Ich habe den anderen das gezeigt und die meinten so: „Boah, mega geil. Es ist ja auch mal mehr gesungen als gegrölt. Es steht dir ganz gut. Dann haben wir den eins zu eins so genommen.“. Wir haben zum Beispiel „Längst noch nicht vorbei“, da hatte Ingo erst gesungen. Und man merkt bei einigen Songs, weil ich ja beispielsweise wesentlich schlechter singen kann als Ingo, dass das dann rappeliger und kaputter ist. Das hatte der Song auch gebraucht. Weil die Gitarren schon sehr straight sind, wurde das alles sehr straight. So eine kleine Spur Scheiße drin wäre da schon ganz geil. Und dann musste ich singen.
Ich finde den Song tatsächlich sehr punkig. Der gefällt mir deswegen auch sehr gut. Das passt.
Meine Blaupause war da von Rancid die „… And Out Come the Wolves“. Die haben auch immer in Dur positive Hymnen, die aber sehr einfach gestrickt sind. Da habe ich mal probiert: Wie machen die das? Wie spielt der Bass? Wie spielt das Schlagzeug? Ich habe da mal rumprobiert. Und dann ist das so in die Richtung gekommen. Das war ein bisschen mein Rancid-Probieren.
Dann habt ihr noch Gastmusiker eingeladen. Bei „9 Leben“ war das Jörkk Mechenbier von Love A und Schreng Schreng & La La. Bei „Es tut nur weh, wenn ich lache“ ist es die Sarah de Castro von Bubonix. War da schon länger was geplant oder denkt ihr: Das könnte passen, fragen wir mal an?
Mal so, mal so. Das ist manchmal auch kurzfristig so ein Ding. Es gibt manchmal Lieder, wo man von vornherein denkt: Da könnten wir den mal fragen, ob der nicht Bock hat mitzumachen. Wir gucken immer, dass es befreundete Bands sind mit denen wir auch eine gute Zeit hatten. Manchmal von langer Hand, manchmal auch einfach im Studio, dass wir sagen: „Der Part, der wär geil wenn der den singt.“. Und das schöne ist ja, die meisten sind ja gerade in dieser Punkrock-Blase mega entspannt. Da geht nichts von unser Management fragt deren Management oder so ein scheiß. Das ist einfach so: „Ey hier, die Nummer habe ich. Ich schreibe mal eben eine WhatsApp.“. Dann die Frage „Hast du Bock mitzumachen.“ und dann kommt zwei Minuten später „Jo klar, ist doch geil. Lass machen.“. Bumm. Ende. Und das ist schön, wenn es den einfachen Weg nimmt.
Am kommenden Freitag ist es so weit. Steigt vor so einem Termin die Aufregung? Die Erwartungen sind ja hoch, gute Rezensionen, hochverlegte Konzerte, Fans, die sich das Cover tätowieren lassen.
Da ist schon eine Menge Craziness im Gange. Wir hatten gestern noch ein Video gedreht und man merkt das schon: „Guck mal, hier ist ein Review rein gekommen. Die finden das total geil.“. Es ist total schön, wenn du merkst, dass das, was du im ersten Sinne für dich machst, anderen Leuten auch richtig gut gefällt. Das ist natürlich ein Geschenk. Es ist generell ein Geschenk, das machen zu dürfen, was wir machen. Und wenn du dann auch noch von anderen Leuten hörst, dass die das glücklich macht. Das ist unbezahlbar. Das ist großartig. Dann halt noch so Vorschusslorbeeren, dass Leute sich das tätowieren lassen. Ich weiß selber, wie es ist, was Bands einem bedeuten müssen, wenn man die sich tätowieren lässt. Ich habe auch ein paar Bandtattoos von anderen Bands. Und dann weiß ich in etwa, wie das Gefühl sein muss. Wenn wir das anderen Leuten so geben, wie ich es mit Lieblingsbands habe, dann finde ich das mehr als fantastisch.
„Traurige Roboter“. Man muss schon Per Anhalt durch die Galaxis gelesen haben, um den Text zu verstehen. Wer von euch ist denn Douglas Adams Fan?
Ingo – riesengroß. „Der Trick mit dem Fliegen“ war es ja auch schon. Ich frage mich bei so etwas manchmal, wenn Leute nicht wissen, woher das kommt, was denen der Bademantel auf einmal sagt.
„Hey Ralph“ ist ja eine Mutmach-Hymne. Was würde 2023 für dich zu einem guten Jahr machen?
Was ganz klar sein sollte, dass der scheiß Krieg aufhört oder am besten natürlich alle Kriege. Der eine ist natürlich sehr blöd direkt vor der Tür. Es gibt viel zu viele weltweit. Aber das ist ja eh klar, dass man das will. Persönlich für mich: Mehr Konzerte und mehr Family-Zeit. Das wäre eine gute Mischung. Das eine frisst das andere auf, aber eigentlich wäre das ganz geil.
Morgen ist der Weltuntergang. Wo würdest du dich am liebsten aufhalten?
Bei der Family auf jeden Fall. Zuhause wäre ganz gut. Oder hier bei uns im Proberaum wäre es ganz gut. Das ist ein Bunker, vielleicht hat man dann noch ein bisschen mehr Zeit. Aber am besten einfach zuhause auf dem Sofa mit der Family. Entspannte Zeit. Kein Fernseher, irgendein Quatsch labern, sowas.
Vielen Dank für das Interview.