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Datum: 21.09.2009

Im Gespräch mit Selig

Selig kommen nach Bielefeld, wir interviewten sie

Bielefeld (ml)    In knapp zwei Wochen kommen Selig nach Bielefeld in den Ringlokschuppen. Anfang Juli haben sie schonmal in der Region gespielt, in Herford. Wir waren mit dem Selig-Keyboarder Malte Neumann im Gespräch, haben mit ihm über die Konzerte im Jahr 2009, über die Zeit vor der Trennung und über die Zeit nach der Reunion gesprochen.

Termin: Montag, 21.09.2009, 20:30h
Wo: Ringlokschuppen Bielefeld
VVK: 32 Euro zzgl. VVK-Gebühr
Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen
Webseiten: Ringlokschuppen Selig Veranstalter


Wir könnten jetzt nach den Beweggründen zu eurer Trennung oder Reunion fragen, doch die Frage wurde mittlerweile so häufig gestellt, dass wir direkt mit Frage 2 beginnen. Nach eurer Reunion ist das Album "Und endlich unendlich" sehr erfolgreich gestartet. Eure Lieder werden häufig im Radio gespielt. Das ist nach so langer Abwesenheit nicht alltäglich. Überrascht euch der jetzige Erfolg oder kam das in irgendeiner Weise auch erwartet?
Malte: Wir waren sehr gespannt, wie das ankommt. Wir waren sehr glücklich mit dem was wir gemacht haben. Die Aufnahmen haben wahnsinnig viel Spaß gemacht und es war eine ganz tolle Zeit, die wir hatten. Insofern war das schonmal der größte Erfolg, dass wir überhaupt die Platte aufgenommen haben. Und dass das dann auch noch so gut ankommt und so viel Beachtung findet ist natürlich ein ganz tolles Erlebnis und das haben wir so auch nicht erwartet. Und es darf gerne immer so weiter gehen.

Du hast es gerade schon gesagt, ihr habt jetzt lange nicht mehr zusammen gespielt. Wie waren eure Erwartungen an euch selber bezüglich eurer Zusammenarbeit?
Malte: Naja, wir haben ja tatsächlich auch viele Jahre gar nicht miteinander geredet. Insofern war es erstmal ein schwieriger Prozess miteinander zu reden und die ganzen Querelen und Missverständnisse auszuräumen. Nach diesem Schritt ist seitdem alles super und wir haben uns wieder tüchtig lieb. Es macht ganz ganz viel Spaß.

Versucht ihr mit der aktuellen Platte auch eure Zielgruppe irgendwie zu erweitern?
Malte: Wir haben eigentlich nie eine Zielgruppe im Blick gehabt. Wir haben bei unserer ersten Tour, die wir im Frühjahr gespielt haben, dass ganz viele alte Fans gekommen sind. Die haben sich gefreut, dass wir wieder da sind, haben auch gleich die Tickets gekauft. Die Tour war ja innerhalb von zwei Tagen ausverkauft, was uns total überrascht hat. Aber es ist auch schön, dass jetzt wir jetzt über die Festivals merken, dass jetzt Leute, die uns nicht von früher kennen, weil sie damals vielleicht sechs Jahre alt waren dazu kommen und das auch gut finden. Und das ist schön, weil es sich sehr schön mischt und wir freuen uns auf die Herbsttour, wo sich dann hoffentlich alles vereint.

Wie kommt es, dass ihr die beiden aktuellen Singles auf dem The Dome-Sampler mit veröffentlicht habt?
Malte: Wie das kam, weiß ich jetzt auch nicht so genau. Wir sind darüber aber nicht unglücklich. Natürlich gibt es Fans von früher, die sagen, wie könnt ihr bei The Dome mitmachen. Ich hab da überhaupt gar keine Berührungsängste, weil ich finde, dass auch Leute, die The Dome gucken gute Musik hören sollten. Warum sollen wir nicht da hin gehen und zeigen, was wir für Musik machen? Es ist albern zu sagen, dafür sind wir uns zu schade, oder da geht man nicht hin. Ich finde, die Zeiten sind vorbei, wo man irgendwo nicht hin geht.

Bei Rock am Ring habt ihr zum einen auf der Centerstage gespielt und zum anderen auf dem Tourbus eines großen Getränkehersteller auf dem Campingplatz. Welcher Auftritt war denn für euch persönlich schöner?
Malte: Ich glaube, die sind so unterschiedlich, dass man nicht sagen kann, der eine ist toller als der andere. Es ist natürlich ein Wahnsinnserlebnis vor so vielen Menschen zu spielen und auf so einer riesen Bühne zu stehen mit Fernsehen und dem ganzen Trubel. Und es ist ein ganz anderes Erlebnis nachts auf dem Campingplatz vor Leuten zu spielen, die da einfach nur feiern wollen. Das ist auch total toll. Es ist beides super.

Wie war es denn überhaupt? Ihr habt am Anfang nur drei kleine Aufwärmkonzerte gespielt und dann kam direkt das große Festival hier in Deutschland. Rock am Ring und Rock im Park sind besucherzahlenmäßig sehr stark besucht. Und dann wirklich nach so kurzer Aufwärmphase wirklich das große Festival. Wie war es?
Malte: Wir haben im Frühjahr eine kurze Tour gespielt mit 10 Konzerten oder so. Einmal durch Deutschland. Insofern waren wir wieder live eingespielt. Trotzdem war das das erste Festival auf jeden Fall. Wir wussten, was auf uns zu kommt, weil wir vor, ich weiß nicht, 12 Jahren da schonmal gespielt haben und das insofern nicht völlig überraschend war. Das man weiß, zum Beispiel, auf so einer riesen Bühne erwartet man, dass das Publikum sehr laut ist. Das ist aber überhaupt nicht so. Es ist ganz leise und das hat uns beim ersten Auftritt so überrascht, dass wir ganz perplex waren. Jetzt weiß man, dass das so ist und dass man sich darauf einstellt.

Zurück zum Tourbus. Wie kam der Auftritt zu Stande? War das eine eher spontane Aktion oder wurdet ihr vom Getränkehersteller gefragt?
Malte: Das war schon vorher abgesprochen. Das war nicht total improvisiert, weil wir am nächsten Tag ja auch noch Rock im Park gespielt haben. Da hat man schon einen sehr engen Zeitplan und da muss man dann auch im Vorfeld drüber sprechen. Aber es war eine sehr lustige Aktion. Die waren auch echt cool drauf und der Bus war auch ganz hübsch. Die haben da auch Selig drauf geschrieben. Das war echt ein ganz toller Bus und es hat sehr viel Spaß gemacht.

Spielt ihr lieber Festivalauftritt, Clubgigs oder so etwas außergewöhnliches, wie die Sache mit dem Tourbus des Getränkeherstellers?
Malte: Wir spielen einfach am liebsten. Wo ist relativ schnuppe. Große Bühnen sind toll, man erreicht viele Leute und es hat eine Art von Energie. Kleine Bühnen sind auch ganz toll, weil man dem Publikum viel näher ist und es sehr viel direkter ist. Es ist dann einfach ein großer Jam. Spontansachen, wie auf diesem Bus, sind natürlich auch toll. Wir spielen einfach wahnsinnig gerne, wir sind einfach eine ausgesprochene Liveband. Es gibt wenig, was wir nicht super finden.

Die bisherigen Setlisten auf der Tour ähneln sich ja teilweise recht stark. Werdet ihr denn für die Konzerte im Herbst eine andere Setlist auswählen, oder das komplett anders zusammen stellen?
Malte: Ja, bestimmt. Jetzt ging es ja auch darum, alte Stücke zu spielen. Als wir angefangen haben für die Frühjahrstour zu proben, war uns klar, dass wenn wir die Tour beginnen, die Platte noch gar nicht draußen ist und von daher die Leute die Songs noch gar nicht kennen, die wir neu aufgenommen haben. Jetzt ist es eine bunte Mischung und wir werden zur Herbsttour noch mehr neue Songs ins Programm nehmen und es mehr zu Gunsten der neuen Songs gewichten, aber natürlich trotzdem Songs von früher auch mit aufführen. Das wird sich noch verändern.

War war euer lustigstes Erlebnis auf Tour, egal ob auf die aktuelle oder vorherige Touren?
Malte: Unser lustigstes Erlebnis. Da fällt mir jetzt nicht so richtig was ein, weil wir eigentlich immer ganz viel Spaß haben und es halt so bunte Filme sind. Mir fällt ein schräges Erlebnis ein, das ist aber auch schon eine Weile her. Da haben wir in Leipzig gespielt und mussten am nächsten Tag in Renzburg spielen. Wir wussten, dass es ein Stauwochenende ist. Haben uns gedacht, dass wir ein bißchen schlafen müssen und fuhren später los. Sind dann natürlich in diesem Stau gelandet und kamen da auch überhaupt nicht mehr raus. Es wurde immer später und immer später. Uns war irgendwann klar, wir schaffen das nicht. Dann haben wir unser Management angerufen und die meinten, nun ja Zug und so, das wird alles nichts mehr. Also ihr müsst wenn, dann fliegen. Dann haben die ein bißchen telefoniert und haben gesagt, dass es schweinisch viel Geld kostet, aber nicht zu spielen kostet noch mehr Geld. Wir mussten dann nach Berlin, sind dort in eine kleine Cessna-Maschine gestiegen und auf einem kleinen Segelflughafen gelandet. Da alles durcheinander gewirbelt und direkt vom Rollfeld auf die Bühne. Also das war schon sehr schräg.

Mit wem würdet ihr gerne Mal auf Tour gehen, sowohl als Support als auch als Headliner?
Malte: Wir gehen am liebsten alleine auf Tour. Da sind wir sehr egozentrisch. Wir haben eigentlich keinen Support dabei und werden es auch nicht tun, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass die Leute nach einem Support auch schon ein wenig müde sind. Und dann so ein Selig-Set gar nicht so richtig durchhalten. Da gibt es dann manchmal Hängephasen. Unsere Konzerte sind eigentlich eine Reise für sich und das soll auch so bleiben. Vorband vor einer anderen Band, wüsste ich jetzt nicht. Jan würde wahrscheinlich die Flaming Lips nennen. Die habe ich neulich das erste Mal live gesehen. Das ist echt ein Erlebnis. Mit denen auf Tour zu fahren wäre bestimmt lustig. Aber das wäre nicht so der Bringer, dass man sagt, wir müssen jetzt in Stadien spielen und so weiter.

Ihr spielt jetzt zweimal in der Region. Einmal in Herford und einmal in Bielefeld. Verbindet euch irgendwas mit der Gegend?
Malte: Nö, ehrlich gesagt nicht. Ich hätte jetzt keine Verbindung hier. Ich glaube, die anderen auch nicht so richtig. Wir kommen ja aus Hamburg, teilweise aus Berlin. Christian kommt ursprünglich aus Dortmund. Also wir haben hier keine Roots oder so. Aber wir spielen hier gerne. Und hier gibt es auf jeden Fall auch haufenweise Leute, die das sehen wollen. Insofern verbindet uns natürlich schon was mit der Region.

Einige Mitglieder von euch haben auch Nebenprojekte, wie zum Beispiel Tempeau. Ist das jetzt durch Selig komplett auf Eis gelegt oder geht es da auch weiter?
Malte: Das kann ich nicht genau sagen. Aber ich glaube, Tempeau ist ein wenig auf Eis gelegt, weil Selig viel Zeit kostet. Es liegt uns allen am Herzen, dass jeder für sich auch sein Ding nebenbei macht. Das ist eine Lehre aus der Vergangenheit, wo es immer nur Selig gab und nichts anderes daneben. Das war auf jeden Fall ein Fehler. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass die auch wieder weiter machen, wenn ihnen danach ist und dann wird es auch möglich sein. Das ist jetzt nicht so, dass wir sagen, wir sind Selig und jetzt gibt es nichts anderes mehr.

Jan geht Anfang nächstes Jahr wieder mit Rio Reiser-Liedern auf Tour. Könntet ihr euch als Band auch vorstellen Rio Reiser-Lieder zu spielen?
Malte: Ich glaube, wir finden ihn alle sehr wegweisend. Er hat auf jeden Fall einen großen Einfluss, nicht nur für Jan, sondern für alle. Ich glaube es aber eher nicht. Ich glaube, diese Rio Reiser-Geschichte, das ist Jans Sache. Das soll es auch bleiben. Das muss man nicht vermischen.

Generell die Frage, gibt es Lieder, die ihr covern würdet? Abgesehen von Knocking On Heaven's Door von Bob Dylan.
Malte: Man soll nie nie sagen. Knocking On Heaven's Door war ja so eine schräge Anfrage, dass wir im ersten Moment gesagt haben, dass man das auf keinen Fall machen kann. Jede Schülerband spielt Knocking On Heaven's Door. Aber auf der anderen Seite war es auch so schräg, dass wir gesagt haben, wenn dann sowas. Da gibt es auch nichts aktuelles, wo ich sagen würde, dass machen wir in nächster Zeit. Aber ich würde auch nicht sagen, wir covern nie wieder einen Song. Es kann schon sein, wenn wir das klasse finden und es einen Kontext gibt, wo das wichtig ist und irgendwie dazu passt. Ja, warum nicht?

Ihr habt mehrere eurer Musikvideos von Rene Eller produzieren lassen. Wie kam es dazu und was ist die Besonderheit?
Malte: Das ist schon eine langjährige Zusammenarbeit und das Besondere ist, dass er immer eine eigene starke Vision zu den Songs hat und sein Ding durchzieht und es immer passt. Das ist halt extrem schwierig zu finden. Wir sind fünf sehr unterschiedliche und starke Charaktere, wo jeder seinen Senf immer zu allem gibt. Da ist es auch manchmal schwierig und gerade bei Videos, wenn wir alle dran rumfuhrwerken, wird es nicht sehr gut. Da braucht es jemanden, der wirklich sagt, das ist das was ich dazu denke, macht es oder lasst es bleiben. Das seh ich so da drin und das passt glücklicherweise bei Rene immer sehr sehr gut.

Das heißt, dass weitere Zusammenarbeiten zu erwarten sind?
Malte: Das hoffen wir sehr. Er ist aber ein wahnsinnig schwer beschäftigter Mann, der eigentlich Sachen, wie Nike-Werbung dreht. Da ist es sehr schwierig noch rein zu kommen. Er macht eigentlich gar keine Musikvideos mehr. Insofern können wir immer nur hoffen, dass er noch Zeit hat und wenn nicht müssen wir uns andere Dinge überlegen.

Mit wem würdet ihr denn gerne sonst so zusammen arbeiten?
Malte: Ich glaub, wir sind uns selbst genug. Da wüsste ich jetzt keinen.

Also, wenn ich das zusammen fassen darf. Es gibt keinen Support...
Malte: Ja, wir sind totale Egoisten (lacht).

Ich wollte es jetzt so nicht sagen.
Malte: Sag's ruhig.

Ihr seid total egoistisch.
Malte: Wir haben unseren eigenen Kosmos und der ist spannend. Dadurch, dass wir fünf so unterschiedliche Typen sind gibt es da genug zu entdecken. Insofern gibt es keine Notwendigkeit dafür.

Abschließende Frage. Was könntet ihr denn anderen jungen Bands empfehlen, um vielleicht auch ähnlich viel zu erreichen?
Malte: Man muss natürlich ganz ganz viel Glück haben. Das hatten wir auf jeden Fall und das kann man nicht zwingen. Aber den Rat, den ich geben würde ist, sich zum einen sehr viele Gedanken zu machen, was man aussagen will. Wesentlich zu sein, auf jeden Fall. Sich auch nicht anzupassen, oder von sich abzuweichen, sondern das zu machen, an was man glaubt und wohinter man stehen kann. Dann, glaube ich, mit der Portion Glück ergibt sich das auch. Schwierig ist es, wenn man denkt, wir müssen jetzt das und das machen, weil das ist jetzt modern. Natürlich sind wir auch beeinflusst. Man hört auch andere Musik und das fließt alles ein. Wir denken nicht darüber nach, was wir machen müssen, der Massengeschmack ändert sich jetzt und jetzt müssen wir das und das machen und das nicht. Wenn wir Lust haben, spielen wir damit rum, aber meistens verfallen wir doch darauf, was wir am besten können. Und das ist auch das wichtigste.

Okay, dann danken wir für das Interview.

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