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Datum: 28.04.2016

Enno Bunger im Interview

Melancholische Balladen dank Scooter

Dortmund (dd)    Was haben Enno Bunger und Scooter gemeinsam? Nach seinem Auftritt als Support für Bosse im FZW habe ich das herausgefunden.

Enno Bunger spielte als Support für Bosse in Dortmund. Wir hatten ihn im Interview. Foto: Marcel Linke

Wie geht es dir, besonders jetzt nach dem Auftritt? Hattest du besondere Erwartungen im Vorfeld?
Mir geht es gut, das hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Das ist natürlich auch immer ein Versuch etwas kleiner darzustellen, als es ist. Vor allem von der musikalischen Besetzung muss man sich da reduzieren.
Ich habe jetzt grade sehr viele Bandkonzerte gespielt und muss erstmal wieder rein kommen in diesen Modus das ich das reduziert spiele. Aber das ist eigentlich auch ganz schön weil ich dann zurück komme zu dem Ursprung des Liedes, so wie das eigentlich entstanden ist am Klavier und mit der Stimme. Also ein paar Akkorde hin und her schieben und dann darüber singen.

Das ist genau das was ich dachte, deine Musik in der ursprünglichen, reduzierten Form.
Es entstehen auch bei solchen Sachen, also immer wenn ich mich mit Onno vorher einschließe, dann entstehen auch immer mal ganz neue Versionen plötzlich von Songs und danach merken wir meistens dass das auch ein cooler Ansatz ist und vielleicht nehmen wir das dann sogar so auf.
Das haben wir jetzt grade auch gemacht mit älteren Songs vom ersten, zweiten Album. Als Variationen gibt es die nun als Bonustrack bei iTunes. Wir spielen die auch live in der Version, das macht total Spaß die zu verändern.

Spielst du generell lieber so wie jetzt grade in der reduzierten Form als Vorband, oder auf Tour mit deiner kompletten Band?
Da gibt es kein „lieber“. Das ist alles tatsächlich wichtig und das macht auch alles Spaß. Es ist bei meinen eigenen Konzerten so das ich mich immer wahnsinnig freue, dass die Menschen, die da sind, wegen mir gekommen sind.
Das wird jetzt grade auch immer mehr und ich muss immer aufpassen, dass ich da nicht verrückt werde. Wenn man sich das mal vorstellt, dass so viele Leute wegen einem... ich meine die zahlen da Geld für um einen zu sehen oder die Musik zu hören, das ist das Schönste was es überhaupt gibt.
Wenn man aber vor einem fremden Publikum spielt, was einen vielleicht noch gar nicht kennt da kann man eigentlich nur gewinnen. Mit der Einstellung gehe ich da immer hin und muss auch nicht nervös sein, weil bei jedem den ich da abhole, das ist toll und der Rest, der hat ja eh nicht für mich bezahlt. Mit so einer Einstellung macht das Spaß.

Wie ist die Reaktion auf dein neues Album „flüssiges Glück“ gewesen? Wie sind die Reaktionen bei dir angekommen?
Ich habe vor allem auch ein anderes Publikum abgeholt habe ich im Gefühl. Zum Beispiel Leute die aus dem Hip-Hop kommen oder der elektronischen Musik zugewandt sind. Ich nehme das auch so wahr das bei meinen Konzerten das Publikum vielseitiger geworden ist.
Ich habe vielleicht auch ein bisschen gespalten, weil ich sehr viel ausprobiert habe und auch viel Neues gemacht habe, vor allem weil ich mich nicht wiederholen wollte.
Insgesamt ist die Reaktion aber sehr gut und es ist auch so, es läuft so gut wie noch nie. Es ist unglaublich schön, dass man da eine Form findet, da tatsächlich auch leben von zu können, von Musik, das ist sehr schön. Man darf nur nicht aufhören zu arbeiten, weil sonst kann es auch sehr schnell wieder vorbei sein.
Was die Verdienstmöglichkeiten betrifft wird es immer schwieriger, weil auch Leute nicht mehr bereit sind oder gewillt sind oder es auch nicht mehr von ihnen verlangt wird, dass sie für Musik bezahlen, sondern es ist universell verfügbar. Das ist auch gut aber jeder Mensch gibt auch lieber 2 Euro für ein Snickers aus als für sein Lieblingslied.

Ich darf kein Snickers essen, ich nehm’ dann doch die Musik.
Bisher war deine Musik immer sehr nah an deinen Erlebnissen, wie viel Biografie steckt in deinem neuen Album?
Nicht ganz so viel wie in dem davor. Das davor („Wir sind vorbei“, 2011, Anm. d. Red.) war rein autobiografisch, komplett, auf dem neuen Album gibt es auch andere Themen.
Ich selber bin kein Opfer von rechter Gewalt, ich wollte aber aus der Sicht der Opfer singen und darüberstehen, als Beobachter und nicht als Beteiligter. Ich wollte nicht nur über mich schreiben. Ich habe zwei Alben geschrieben, die von mir handeln du da wollte ich auch ein bisschen raus.
Zum Beispiel ein sehr guter Freund der Vater geworden ist und da ist mir aufgefallen es gibt noch keiner Lieder übers Vater werden, da habe ich übers Vater werden geschrieben. Über das Gefühl von dem er mir berichtet hat, wie er sich freut auf das Kind das unterwegs ist und die Aufgeregtheit, das Unerwartete, das Plötzliche, das Überraschende.

Ein kleiner Themenwechsel. Du spielst Support, du bist alleine erfolgreich und wirst es immer mehr. Gibt es noch irgendwen, den du selber live sehen möchtest, bei dem du dir selber eine Konzertkarte kaufen würdest?
Ja klar, immer wieder, dauernd! Natürlich alle Bands, die man mag und die man hört möchte man live sehen, weil es nochmal intensiver ist.
Ich muss unbedingt Max Richter live sehen. Nachdem ich das Album geschrieben habe und so viel gearbeitet habe die letzte Zeit auch so viel mich mit Musik auseinander gesetzt habe brauchte ich vor allem Musik mit der ich runter kommen kann. Max Richter hat ein Album gemacht, das heißt „Sleep“ und es behandelt auch einfach nur den Schlaf. Das dauert acht Stunden und es ist unglaublich schöne, meditative, klassische Musik. Davor hat er auch schon tolle Sachen gemacht aber vor allem das Album würde ich total gerne live sehen, er hat das auch mal aufgeführt und da kann man sich dann hinlegen und das würde ich gerne mal machen.
Aber auch alle anderen die ich mag. Livekonzerte sind das größte, was es gibt.
The Acid, Daughter, ch würde gerne zum Haldern Pop Festival gehen, das Line-up ist toll dieses Jahr.
Es gibt immer Sachen, und ich würde auch immer wahnsinnig gerne vor Leuten, das ist der Traum, wenn man vor Menschen spielen darf, oder Künstlern begegnen darf, die man selber hört. Das ist unheimlich inspirierend aber manchmal auch bisschen ernüchternd, aber in erster Linie inspirierend.
Zum Beispiel 2012 bei TV Noir saß ich neben Fran Healy, meinem Kindheitshelden von Travis auf dem Sofa. Das war völlig absurd, jahrelang die Songs gehört und dann sitzt man plötzlich neben ihm. Dann zu merken wie unglaublich nett und interessiert sie sind das war echt ein Geschenk.

Deine Lieblingsband als Kind war dann auch Travis?
Nein, das ist ja auch immer phasenweise. Der erste richtig große Künstler war Michael Jackson. Das war auch die Zeit natürlich, ich bin 86 geboren, dann kommst du auf die Welt und das läuft andauernd.
Ich fand das aber ach einfach geil. Ich fand den Groove geil, ich fand die Produktion geil. Ich hab’ auch jetzt auf meinem neuen Album bei „Renn!“ an einer Stelle hinten im Instrumentalteil, ich nenne ihn den „Thrillerakkord“, den habe ich ganz bewusst reingebracht, damit es daran erinnert. Also mich erinnert es daran.
Mein Tourabschluss in Hamburg war das größte Konzert was ich jemals gespielt habe. Das Übel&Gefährlich war ausverkauft, ca. 750 Leute und neulich hat eine Band dort ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum gefeiert und ihr kleinstes Konzert aller Zeiten gespielt, in meinem größten Landen. Die Band war Scooter.
Da bin ich irgendwie reingestolpert weil ich da unbedingt hin wollte. HP kommt auch aus Leer, meiner Heimatstadt und ich hab danach noch mit ihm gesprochen und ihm erzählt: „Ich wollte mich nur bedanken“.
HP: „Wofür?“
Ich: „Ich habe wegen euch angefangen Klavier zu spielen.“
HP: „Du hast was?“
Als 4-jähriger habe ich ein Lied gehört, wir hatten ein Keyboard zu Hause und da habe ich mich dran gestellt und das nachgespielt. Irgendwie fanden das die Leute cool, das man das rausgehört hat welches Lied das war. Das Lied war „Hyper Hyper“. Das hat mir damals irgendwas gegeben.
HP: „Häh du hast wegen uns angefangen Klavier zu spielen? Und was machst du für Musik?“
Ich: „Ja so gefühlvolle Schnulzen melancholische Balladen.“
Er hat echt gedacht ich verarsche den, dann hab ich ihm aber gesagt wir hatten den selben Musiklehrer, der ist jetzt grade in Rente gegangen. Dann hat er (HP, Anm.d.Red.) mir aber geglaubt das es stimmte, was ich sagte.

Ich habe gehört sie sollen live gar nicht so schlecht sein, ich habe es aber noch nie geschafft hin zu gehen.
Es ist natürlich ein Ereignis, kein Konzert wo man hin geht und zuhört, sondern etwas, wo man einfach geflasht ist von der Show, dem ganzen Licht und auch von dem Geschmacklosen. Das Triviale was einen so fasziniert, diese komischen Tänzerinnen.
Das interessanteste fand ich die Leute, die in Rom standen. Da fragt man sich sind das auch alles besoffene Studenten, die sich einmal Trash geben wollen oder sind das richtig trashige Leute? Man konnte das nicht mehr unterscheiden, weil alle mitgerufen haben. Das hatte etwas sehr Verbindendes.

Was ist dein von dir selbst geschriebenes liebstes Lied?
Schwer zu beantworten, das wechselt von Tag zu Tag. Das ist eine Frage die ich nicht beantworten kann, das ist unmöglich. Es gibt immer Superlativen. Es gibt das Traurigste oder das, das live die meiste Energie beim Publikum auslöst.
Das ist natürlich auch stimmungsabhängig, wie man selber grade drauf ist. Deswegen schreibe ich auch so unterschiedliche Lieder damit ich für alle meine Gefühlslagen Musik hab, die ich dann spielen kann.

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