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Campus Festival #01

Das erste Mal tat's noch weh

Bielefeld (as)    Ausverkauft - 19.500 Karten - tolles Wetter, interessantes Line Up: Das erste Campus Festival der Uni und FH Bielefeld versprach uns viel. Konnte dann aber trotz toller Auftritte von Thees Uhlmann, Zugezogen Maskulin und Alligatoah leider nicht voll überzeugen. Zu viele kleine Ärgernisse verhinderten ein entspanntes Festivalgefühl.

Alligatoah headlinte das erste Campus Festival Bielefeld. Foto: Marcel Linke

19 € für 15 Bands, Poetry Slam, 4 Outdoor- und 7 Indoor-DJ-Acts: das klingt nach einem guten Angebot. War es auch, ohne Zweifel. Das Campus Festival hat es direkt im ersten Anlauf geschafft ein reizvolles und abwechslungsreiches Line Up zusammenzustellen. Mit Alligatoah wurde zudem ein Headliner gewonnen, der diese Aufgabe problemlos erfüllt. Es hätte alles sehr gut sein können, wenn nicht die üblichen (und wohl unvermeidbaren) Kinderkrankheiten die Stimmung getrübt hätten. Damit wir uns nicht falsch verstehen, für den Eintritt wurde viel geboten und der Besuch hat sich trotzdem gelohnt. Nur ließ sich die eigene Erwartungshaltung schwer unterdrücken: Der stille Wunsch nach einem Tag, an dem nur die Musik und die gute Laune in Erinnerung bleiben. Nicht das Schlangestehen am Bierwagen oder vor dem Dixi-Klo...

First things first. Das Festivalgelände wurde wohl überlegt angelegt. Da der Platz zwischen dem Uni-Hauptgebäude und dem X-Ausweichbau begrenzt ist, wurden die Nebenbühnen zwischen die "Zähne" der Uni gebaut; in der Einfahrtsstraße parkte der RedBull-Tourbus. Außerdem diente die Mensa als Partyfloor. Aus wenig viel gemacht, mag man meinen. Um die geringe Fläche noch "effektiver" zu nutzen, wurden überall verstreut Bierwagen und die üblichen Ernährungs- und Promostände aufgestellt. In der Mitte überragt der Technikturm die Baumwipfel, an der X-Seite reihen sich unzählige Dixies. Mit anderen Worten: Es war eng!
So kommen wir direkt zum ersten massiven Kritikpunkt: Zu viele Menschen auf zu wenig Fläche! Egal, wohin sich die Besucher aus der Menge zurückziehen wollten, es war dort einfach zu voll. In den Bereichen, aus denen die Bühne zu sehen war, lag die Hauptbeschäftigung darin angerempelt zu werden. Für alle Nicht-Rempler hörte der Festivalspaß an dieser Stelle auf. Leider verdeckten weiter hinten Bäume oder Bierwagendächer die Sicht und verschleppten ebenso tragisch den Bühnensound. An das übliche "Bühnen-Hopping" war unter diesen Umständen nicht zu denken. Einige Auftritte haben wir daher gar nicht mitbekommen.

Was wir durchaus mitbekommen haben war die Menge vor der Hauptbühne, die seit Olympique (Fotos) stetig wuchs und bereits bei der zweiten Band AnnenMayKantereit (Fotos) bis hinter den Technikturm reichte. Und diese Menge bebte. AnnenMayKantereit überzeugten zwar nicht mich, aber ihre Fans waren begeistert. Das gleiche Bild bei Thees Uhlmann (Fotos), der seinen Auftritt mit dem Game of Thrones Intro eröffnete und sogar einen Tomte-Song einstreute. "Schreit den Namen meiner Mutter" ist 12 Jahre alt, aber trifft noch immer mitten ins frisch geschundene Herz. Gentleman (Fotos) fiel durch eine interessante Version des "Redemption Song" auf, während auch er die Besucher begeisterte. Bevor dann Alligatoah (Fotos) noch einen drauf setzte und den Teutoburger Wald eroberte. 2000 Jahre nach Varus, reitet er als römischer Feldherr ein und macht sich das Publikum Untertan. Mit einer Setlist, die neben den großen "Triebwerke"-Hits auch ältere Songs und Trailerparkshit berücksichtigte. Hervorheben möchte ich hier "Rabenväter" zusammen mit dem Battleboi Basti, sowie "Fick ihn doch". Alligatoah ist ein Meister des grenzwertigen Humors und schafft es seine bissigen Lines in catchige Hooks zu hüllen. "Schönes Lied zum bösen Spiel" so kennen und mögen wir ihn.

Die Hauptbühne hatte also viel zu bieten. Wenn man das Glück hatte dort einen guten Platz zu finden und nicht ganze Auftritte durch Wartezeiten zu verpassen. Neben der Toiletten-Katastrophe galt die größte Klage dem Bierwagenpersonal. Völlig überfordert hätten die dortigen Mitarbeiter vielleicht Mitleid verdient, wenn man nicht so durstig/wütend gewesen wäre. Hier entwickelte sich enormes Konfliktpotential auch unter den Wartenden. Wenn es dann schon einmal schlecht läuft, kommt noch das Pech dazu. Da ein Stromgenerator ausgefallen ist, stand die Radio Hertz 87.9 Bühne einige Zeit ohne Strom da. Die Leidtragenden waren die lokalen (Emo)Punkrocker Krawehl (Fotos), deren Set auf die halbe Spielzeit gekürzt werden musste: Einhundertkiloschmerz.

Nach diesen vielen Negativpunkten gibt es zum Schluss noch etwas Begeisterung. Denn mit Zugezogen Maskulin (Fotos) hat Bühne 2 einen Headliner gefunden, der vom Startschuss bis zum Stummschalten der Anlage gezeigt hat, warum das gemeinsame Projekt der Rapper Grim104 und Testo als das nächste deutsche Rapding gehandelt wird. Moderne Beats und scharfzüngige Textzeilen, Ironie und Anklage, Zynismus und Humor charakterisieren ZM. Intelligent und informiert penetrieren sie die Grauzone. Dargeboten mit Überzeugung, viel Energie und crazy Vocaleffekten. Das ist der beste Auftritt des Tages, weil er überrascht. Weil hier mehr geboten wird, als die YouTube-Clips erahnen ließen. Zugezogen legen live noch eine Schüppe drauf und haben dadurch das Publikum hinter sich. Wenn sie "Ihr seid keine Fans, wir sind eine Gang" skandieren, dann mag das heute stimmen. ZM sind der versöhnliche Abschluss im Festivalrückblick: Endlich wieder Krieg.

Weitere Fotos von: Octopus Prime, Major Erd, Analogue Birds

Impressionen zum Festival

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